Es hält Lebensmittel frisch und hygienisch, formt robuste Verpackungen und dient als praktischer Transporthelfer – Plastik ist in unserem Alltag allgegenwärtig und kaum mehr wegzudenken. Doch dann ist da die andere Seite, die mit Teppichen aus bunten Kunststoffbehältern im Meer, Mikroplastik im Trinkwasser und anderen durch das unkaputtbare Material verursachten Umweltproblemen immer wieder daran erinnert, dass Plastik nicht der harmlos-praktische Kunststoff ist, als der er bei seiner Erfindung gefeiert wurde. Plastikmüll ist das Problem unseres Jahrhunderts und dass wir dem schleunigst entgegentreten müssen, liegt auf der Hand. Verpackungen aus natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen werden daher immer beliebter.
Bioplastik, auch Polylactid oder Bioplastics genannt, ist dabei eine Option unter vielen: Forscher:innen sind seit Jahren bemüht, immer nachhaltigere Plastikvarianten zu entwickeln. Laut einer Erhebung von European Bioplastics wird der Anteil von Bioplastik am weltweiten Markt bis 2028 stetig und rasant ansteigen. Das, was auf den ersten Blick wie die Lösung für das weltweite Plastikmüllproblem erscheint, stellt sich allerdings bei genauerer Betrachtung schnell als Mogelpackung heraus. Bioplastik ist nämlich nicht zwangsläufig umweltfreundlicher als herkömmliches Plastik.
Biokunststoffe scheinen es Verbraucher:innen zu ermöglichen, die Vorteile des Plastiks zu genießen und sich dennoch ein reines Umweltgewissen zu bewahren. Letzteres ist tatsächlich aber nur eingeschränkt möglich: Bioplastik ist nämlich ein Sammelbegriff, der für verschiedene Arten von Kunststoffen mit biologischer Komponente steht. Um die Bezeichnung zu verdienen, müssen diese entweder (zumindest anteilig) aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Kartoffeln, Algen oder Zuckerrohr hergestellt werden, biologisch abbaubar sein oder beide Eigenschaften besitzen.
Es gibt im Umkehrschluss also Bioplastik-Varianten, die zwar biobasiert, aber nicht biologisch abbaubar und dementsprechend auch nicht deutlich umweltfreundlicher als herkömmliches Plastik sind. Zudem können Kunststoffe, die aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl gewonnen werden, das Label „Bio“ tragen, wenn sie biologisch abbaubar sind. Kritiker bemängeln daher, dass der Begriff Bioplastik irreführend ist.
Polylactid, das Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen, soll insgesamt eine bessere Ökobilanz als herkömmliches Plastik haben, da bei der Herstellung und/oder Entsorgung von Biokunststoffen weniger CO2 freigesetzt wird als bei herkömmlichem Plastik.
Die biologische Abbaubarkeit mancher Bioplastik-Erzeugnisse ist zudem ein potenziell positiver Faktor.
Die Kehrseite allerdings ist, dass viele Bioplastik-Produkte gar nicht so „bio“ sind, wie sie erscheinen. Aus Biomasse bestehende Varianten zum Beispiel sind nicht immer biologisch abbaubar und bestehen manchmal sogar anteilig aus fossilbasiertem Plastik.
Zudem können durch den Anbau von Rohstoffen für die Herstellung von Bioplastik Monokulturen gefördert werden, die wiederum negative Folgen für Umwelt und Klima haben können. Hinzu kommt, dass eine Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion entstehen kann.
Darüber hinaus könnte das Label Bioplastik bei den Nutzer:innen falsche Erwartungen wecken und damit unerwünschte Verhaltensmuster nach sich ziehen. Zum Beispiel könnten Verbraucher:innen auch nicht biologisch abbaubare Biokunststoffe in den Biomüll werfen oder allgemein weniger umsichtig in der Müllproduktion werden, da sie dem Bioplastik keinen oder einen geringeren umweltschädlichen Effekt beimessen.
Laut BUND und Umweltbundesamt ist Bioplastik nicht zwangsläufig umweltfreundlicher als herkömmlicher Kunststoff. Das hat unter anderem damit zu tun, dass Biokunststoffe nicht immer biologisch abbaubar sind. Es gibt aber noch mehr Gründe:
Wie lange es dauert, bis Bioplastik sich vollständig zersetzt hat, hängt davon ab, um welche Art Bioplastik es sich handelt. Biologisch nicht abbaubare Varianten brauchen ebenso lange wie herkömmliches Plastik, um sich zu zersetzen – also mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Nicht biologisch abbaubares Bioplastik kann theoretisch genauso recycelt werden wie herkömmliches Plastik – leider wird es aber häufig in Sortieranlagen nicht erkannt und dementsprechend verbrannt.
Bei biologisch abbaubaren Bioplastik-Varianten geht der Abbauprozess deutlich schneller, kann aber auch mehrere Monate dauern. Grundsätzlich bringt Bioplastik aber nicht die Bedingungen mit sich, die organische Stoffe beim Kompostieren haben. Die biologische Abbauarbeit des Plastiks wurde in der Regel in industriellen Kompostieranlagen getestet – das heißt, im hauseigenen Komposthaufen verrotten sie oft nicht gut bzw. schnell genug. Für den Biomüll kann man aber bedenkenlos entsprechend zugelassene Müllbeutel aus biologisch abbaubarem Bioplastik nutzen.
Aber wie wird das Bioplastik dann entsorgt? Grundsätzlich gilt: Bioplastik gehört ebenso wie reguläres Plastik in die gelbe Tonne. Im Anschluss wird es dann entweder recycelt oder zur Energiegewinnung verbrannt: Bio-PE oder Bio-PET können ebenso wie fossilbasiertes Plastik durch den Recyclingprozess gehen. Neuartigere Bioplastik-Produkte werden von den Sortiermaschinen in der Regel noch aussortiert und dann dem Verbrennungsprozess zugeführt.
Bioplastik ist also deutlich weniger nachhaltig und umweltfreundlich, als man annehmen könnte, und stellt damit keineswegs eine sinnvolle Lösung für die Zukunft dar. Der Fokus sollte insgesamt eher auf der allgemeinen Reduzierung des Plastikmülls – egal welchen Labels – liegen. Mehrwegverpackungen oder unverpackte Produktverkäufe sind sinnvolle Wege, um dieses Ziel zu erreichen. In deinem REWE-Markt findest du zum Beispiel wiederverwendbare Tüten und Boxen für den plastikfreien Einkauf.
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